Ich stehe dafür, in der Krise auch die Chancen zu ergreifen.
Denn das Beispiel Schule zeigt uns, dass Veränderung überfällig ist.
In der Zeit der Schulschließung habe ich wie die meisten Eltern viel Zeit damit verbracht, meine Töchter beim Lernen zuhause zu unterstützen. Jetzt kehren die beiden allmählich in den Schulalltag zurück.
Was ich in dieser Zeit erlebt habe, aber auch was ich von anderen Eltern erfahren habe, zeigt mir ganz deutlich: An Sachsen-Anhalts Schulen gibt es tolle digitale Pioniere, aber es gibt auch noch viel digitale Steinzeit. Längst nicht überall gibt es qualifizierte Online-Lernangebote, und längst nicht überall werden sie von den Schulen gut betreut. Wir bleiben bei der Nutzung digitaler Lernmethoden weit hinter unseren Möglichkeiten zurück.
Das ist ein Beispiel dafür, dass wir die Erfahrung der Krise nutzen sollten, um zu anderen Ländern aufzuschließen. Gegenwärtig läuft der Ausbau von Breitbandanschlüssen für alle Schulen. Wenn das abgeschlossen ist, gibt es schon viel weniger Ausreden. Der nächste Schritt müssen Endgeräte für alle Schülerinnen und Schüler sein, die sie auch zuhause nutzen können – und zwar unabhängig vom Geldbeutel der Eltern.
Hardware allein reicht aber nicht aus. Wichtig ist, dass die Schulen für alle Fächer auf qualifizierte Lernplattformen zugreifen können. Und wir können auch nicht warten, bis alle Lehrerinnen und Lehrer digitale Kompetenzen erworben haben. Ich mache mich deshalb für die Idee stark, Digitalmentoren an den Schulen einzusetzen, die dem digitalen Lernen auf die Sprünge helfen.
Überhaupt, die Schule: Bei der Bildung der Kenia-Koalition 2016 haben wir bekanntlich das Bildungsministerium abgegeben und darauf gesetzt, unsere wichtigsten bildungspolitischen Ziele über den Koalitionsvertrag abzusichern. Das ist uns im Vertrag auch gelungen – vor allem die Finanzierung der Neueinstellung von Lehrerinnen und Lehrern und der Erhalt der von der SPD erkämpften Gemeinschaftsschule waren dafür wichtige Eckpunkte. Trotzdem: In der Praxis ist die Schule unter CDU-Verantwortung zum Stiefkind der Landespolitik geworden, und das liegt längst nicht nur an den Schwierigkeiten, auf einem leergefegten Arbeitsmarkt neue Lehrerinnen und Lehrer zu finden.
Ich will mich dafür stark machen, dass wir als SPD in der Bildungspolitik wieder in die Vorhand kommen. Das muss schon mit dem Wahlprogramm losgehen. Und ich bin überzeugt, dass es dabei nicht nur um den Streit ums Geld gehen kann. Wir müssen wieder verstärkt für eine Schule werben, die kein Kind zurücklässt und die durch längeres gemeinsames Lernen dafür sorgt, dass jedes Kind die bestmögliche Unterstützung bekommt und den bestmöglichen Abschluss erreichen kann, auch in ländlichen Regionen. Für dieses Verständnis von Schule steht die Gemeinschaftsschule.
Gewissermaßen die große Schwester der Schulpolitik ist die Hochschulpolitik. Aber während die Schule immer im politischen Scheinwerferlicht steht, ist die Hochschul- und Wissenschaftspolitik oft den Fachleuten vorbehalten. Als „gelernte“ Wissenschaftspolitikerin finde ich das manchmal schade, aber ich bin sehr froh, dass ich weiter als Fachpolitikerin in diesem Bereich aktiv geblieben bin, als ich Fraktionsvorsitzende wurde. Die Diskussionen mit den Betroffenen, zum Beispiel über unser neues Hochschulgesetz, aber auch meine Mitarbeit in Beiräten an der Hochschule Merseburg und der Hochschule Magdeburg-Stendal sorgen dafür, dass ich den Draht zum Alltagsgeschehen immer behalte. Ich finde, das ist in der Politik von allergrößter Bedeutung. Überflieger tun uns nicht gut.